Gesellschaft Schweiz-Palästina

Die GSP bedankt sich für Ihre Spende  >>> IBAN:   Gesellschaft Schweiz-Palästina

Israel Alliance: Professionelle Vermarktung von Diskriminierung und Unrecht

FDP-Nationalrätin Eichenberger, Gründerin der „Israel Alliance“, ist um den guten Ruf von Israel besorgt: Sie befürchtet, dass „Israel nach 2017 als Apartheidstaat und ungerechte Nation angeschwärzt wird“, ein Staat, der „Palästina seit 50 Jahren unterdrückt und im Widerspruch zum internationalen Gesetz besetzt hält“. Weiter will sie die von „Organisationen und Gruppen wie BDS, Human Rights Watch, Amnesty International, kirchennahe Organisationen, aber auch dem UN-Menschenrechtsrat, der UNRWA und diversen Regierungen beflügelten Bemühungen“ Paroli bieten und dazu die (auf Initiative der Gesellschaft Schweiz-Israel gegründete) “Europäisch-Parlamentarische Allianz“ (EAI) ins Rennen schicken“ (aus „Tachles, 7.11.2016, https://tachles.ch/news/2017-koennte-probleme-bringen).

 

Frau Eichenberger hat gute Gründe, besorgt zu sein, da Israel in der Tat ein Apartheid-Staat ist: 1948 aufgrund der Pläne von Grossbritannien und der USA auf palästinensischem Boden geboren, ist dieser Staat von der Geburt an untrennbar mit der Enteignung der palästinensischen Bevölkerung und mit dem Raub von palästinensischem Boden verbunden, sowie mit dem Plan, die Vorherrschaft des Westens im Nahen Osten zu sichern: Mit ununterbrochener Gewalt werden in Palästina Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Enteignung vorangetrieben.

In den nächsten zwei Jahren werden mehrere Ereignisse daran erinnern:

  • Im 2017 jährt sich zum 120. Mal der Zionistische Weltkongress von 1897 in Basel (21.-31.8.1897): Dort wurde zum ersten Mal das zionistische Projekt eines mit Unterstützung der Kolonialmächte zu errichtenden „jüdischen Staates“ in Palästina vorgestellt – ein von der ersten Sekunde an mit der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung untrennbar verbundenes Projekt. Auch offenbarte sich in Basel zum ersten Mal die enge Verbindung zwischen Zionismus und Kolonialismus.

  • Im 2017 (2.11.2017) jährt sich zum 100. Mal die „Balfour Deklaration“, durch welche Grossbritannien in einer für den Kolonialismus typischen Weise über ein fremdes Territorium (Palästina) verfügte und das Vorhaben verkündete, Palästina in eine „jüdische Heimstätte“ umzuwandeln – was auch (nach dem Sieg der Briten im zweiten Weltkrieg) bald geschah: Auch das ein klarer Beleg für die kolonialistisch/imperialistischen Wurzeln des Staates Israel.

  • 2018 wird sich zum 70. Mal die 1948 begonnene Naqba (1948-1949) jähren, in deren Verlauf bewaffnete zionistische Banden die friedliche palästinensische Bevölkerung aus ihren Dörfern und Städten vertrieb: Diese ethnische Säuberung schickte ca. 750'000 Flüchtlinge ins Exil und machte aus der Minderheit der zionistischen Einwanderer (600'000 Einwanderer) die Mehrheit in Palästina. Mittlerweile leben 4 bis 5 Millionen Palästinenser im Exil.

  • Vor 50 Jahren, am 6. Juni 1967, eroberte Israel in einem Blitzkrieg weitere Territorien: Die Westbank, Gaza und den syrischen Golan. Seitdem herrscht Israel nicht nur über die diskriminierte Minderheit der Palästinenser im zionistischen Staat (gegenwärtig 1,5 Millionen), sondern auch über die besetzten Gebiete: Dort grenzt Israel die palästinensische Bevölkerung (Westbank: 2.5 Millionen) immer systematischer aus, stiehlt mehr und mehr des palästinensischen Bodens und errichtet immer weitere Kolonien, in denen nur Juden wohnen dürfen: Der Plan, auf dem ganzen historischen Gebiet von Palästina einen auf Diskriminierung von Nicht-Juden basierenden, religiösen „jüdischen“ Staat ist für jeden ersichtlich.

  • Im 2005 zog sich Israel jedoch aus Gaza zurück, da die israelische Armee über zu wenig Ressourcen verfügte, um das Territorium zu halten. Seitdem sind aber rund zwei Millionen Palästinenser in diesem kleinen Territorium am Mittelmeer eingesperrt: Opfer einer gnadenlosen Blockade, welche jede Entwicklung verhindert und die Bevölkerung in einem chronischen Zustand von Elend und Unterversorgung erhält. In den letzten zehn Jahren unternahm Israel mehrere blutige Feldzüge gegen Gaza, in deren Verlauf über 3'000 Personen, die grosse Mehrheit Zivilisten und darunter viele Kinder umgebracht und zehntausende verletzt wurden. Jedes Mal wurden auch lebensnotwendige Infrastrukturen vernichtet.      

Deshalb dürfte die Israel-Allianz Mühe haben, die menschenrechtsfeindliche Natur des Staates Israel zu verschleiern und die systematische Knebelung der Palästinenser als grossen Fortschritt für die Menschen oder gar als Heldentat zu verkaufen. Dass Israel ein Apartheid Staat ist, lässt sich ganz einfach nicht aus der Welt schaffen! Nur hat aber Frau Eichenberger in der Schweizer FDP viel Einfluss und auch die SVP wird diese Gelegenheit nicht verpassen, Diskriminierung und Unrecht als etwas Positives zu verkaufen. Und schliesslich fehlt es in der Schweiz und in Europa nicht an einflussreichen und kapitalkräftigen Kreisen, welche auf die Gelegenheit warten, mit allen möglichen Argumenten Israel als Friedensengel zu darzustellen. Israel selbst wird der Allianz eine vielfältige und tatkräftige Unterstützung bieten: Frau Eichenberger besuchte zu diesem Zweck bereits am 3.11.2016 Tel Aviv, um die Kampagnen gegen die Palästinenser vorzubereiten (https://unitedwithisrael.org/swiss-mp-at-the-knesset-unesco-resolution-on-jerusalem-absurd/). Es gibt also Aussichten auf Teilerfolge in der Aufgabe, Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern zu machen. Es wird wohl gelingen, einen Teil des Publikums zu verwirren. Viele Medien werden der Allianz ausgiebige Möglichkeiten bieten, historische Fakten zu ignorieren, zu verschleiern oder zu verdrehen. In erster Linie die NZZ, die Basler Zeitung, die Weltwoche, sicher aber auch das SRF und viele andere. Das birgt die Gefahr einer immer offeneren Propaganda für Unterdrückung und Diskriminierung, die Gefahr einer unverschämten Unterhöhlung von Grundbegriffen der Menschenrechte alles am Beispiel von Israel und Palästina erdichtet aber mit viel weitergehenden Absichten: Eine Ideologie der „legitimen Ungerechtigkeit“, welche auf die Schwächung und gar Abschaffung der Menschenrechte sowie auf ein auf Ungerechtigkeit basierendes Weltbild zielt.1)

Auf der anderen Seite zeigt sich bereits heute, dass die Allianz in ihrem pro-israelischen Eifer Fehler begehen wird Fehler, welche bereits aus dem Artikel von Tachles ersichtlich sind. In ihren Bemühungen, Israel vom Vorwurf der „Apartheid“ weiss zu waschen, riskiert die Allianz, mit ihrer aggressiven Propaganda selbst dazu beizutragen, die Begriffe „Israel“ und „Apartheid“ in allen Köpfen zu verbinden und der Diskussion über die Diskriminierung der Palästinenser Auftrieb zu geben. Auch zeichnet sich im Amalgam von „Organisationen und Gruppen wie BDS, Human Rights Watch, Amnesty International, kirchennahen Organisationen, aber auch dem UN-Menschenrechtsrat, der Unrwa und diversen Regierungen“, dass die Allianz in blindem Israelrausch jede Kraft, Organisation oder Person angreifen wird, welche Israel in welchem Masse auch immer – kritisiert. Sie wird danach tendieren – so wie es ihr Vorbild Israel macht jeden als „Antisemiten“ zu disqualifizieren, der israelkritische Positionen einnimmt. Dadurch trägt sie aber dazu bei, ein breites Bündnis gegen sich zu schmieden

Auf jeden Fall dürfte die Diskussion um die kolonial-imperialistischen Wurzeln des Staates Israel und um die systematische Diskriminierung und Enteignung der Palästinenser im Apartheid-Staat, die Möglichkeit bieten offenzulegen, dass Diskriminierung und Unrecht die Basis eines Staates bilden, der sich nicht als Staat aller Bürger – ein Grundbegriff der Menschenrechte versteht, sondern nur die Angehörigen einer Sekte als Vollbürger anerkennt, indem er die Nicht-Sektenmitglieder als Bürger zweiter oder dritter Klasse behandelt.

Spannend wird sein, inwiefern unsere Medien sich in die von Israel gesteuerte Propaganda einspannen lassen. Eine Prognose kann noch nicht gemacht werden, obwohl heute schon feststeht, dass viele Beiträge versuchen werden, Israel ganz oder teilweise zu entschuldigen.

Freunde Palästinas wissen es: Das Recht der Palästinenser, die Solidarität mit den Palästinensern, sind wichtig. Aber es geht hier noch mehr um die Verteidigung der Menschenrechte schlechthin.

Alan da Luz, 01.01.2016  

  1. Siehe z.B. die offene Apologie des Kolonialismus durch Köppel, („Afrika profitierte vom Kolonialismus“), verbunden mit dem Ruf, jede Entwicklungshilfe zu stoppen (mit einer ähnlichen Stossrichtung, wie die Imark-Motion, welche im Nationalrat verlangte, dass jede Hilfe für die Palästinenser gestoppt wird). Der Artikel „Afrikas Schuld, Afrikas Pflicht“ (in der „Weltwoche“ Ausgabe 41/2013) zeigt auf eindrückliche Weise, wie ein Teil der herrschenden Schweiz Kolonialismus und Imperialismus offen verneint bzw. ihnen wieder (wie in alten Zeiten) eine positive, „zivilisatorische“ Rolle zuschreibt und die Schuld an der Unterentwicklung den unterdrückten Völkern zuschiebt. Ein Modetrend, welche 2017 und 2018 im Zusammenhang mit Palästina noch bestimmt weiter um sich greifen wird!
    http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2013-41/artikel/voelkerwanderung-afrikas-schuld-afrikas-pflicht-die-weltwoche-ausgabe-412013.html