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Gideon Levy. Haaretz   Aug 13, 2023  | Aufgefallen 21.8.23

Quelle:  Kaplan Street Must Realize There's No Longer Such Thing as the Occupation, It's Already One State

https://www.haaretz.com/opinion/2023-08-13/ty-article-opinion/.premium/kaplan-st-must-realize-theres-no-longer-such-thing-as-occupation-its-already-one-state/00000189-eaf4-d9cf-a7eb-fbffb9080000

Übersetzt mit Hilfe von Deepl

Antibesatzungs Protest Mai 2023

Proteste gegen die Besetzung im Mai 2023.     Credit: Fadi Amub

Die Kaplanstrasse (1) muss begreifen, dass es so etwas wie die Besatzung nicht mehr gibt, sondern dass Israel bereits ein einziger Staat ist.

   (1) In Tel Aviv finden die Demonstrationen gegen die sogenannte "Justizreforman" an Kaplanstrasse mit jeweils 100'000 und mehr Teilnehmenden statt. In einem Bereich jeweils auch Menschen, die damit gegen die Besatzung demonstrieren. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_in_Israel_gegen_die_geplante_Justizreform_2023
 

Bei den Demonstrationen in Tel Aviv gegen die Justizreform der Regierung sind die besten Köpfe Israels in dem vom Anti-Okkupations-Block abgesteckten Bereich zu finden - die Menschen mit Gewissen, die erkennen, dass es so etwas wie eine Demokratie mit einer Militärtyrannei im Hinterhof nicht gibt.

Im Jahr 2023 ist der Kampf gegen die Besatzung vergleichbar mit dem Kampf gegen die Naturgewalten. So wie Überschwemmungen und Erdbeben nicht besiegt werden können, so kann auch die Besatzung nicht mehr besiegt werden. Sie ist auf lange Sicht da.

Mit mehr als 700'000 Siedlern (einschliesslich in den besetzten Teilen Jerusalems), die niemals vertrieben werden, und mit einem riesigen Aufwand, der zur Aufrechterhaltung betrieben wird, kann die Besatzung nicht besiegt werden.

Der Kampf innerhalb des Kampfs:
Welchen Stellenwert hat die Besatzung in den Protesten gegen die Justizreform?

Jahrzehntelang habe ich Israel gegen den Vorwurf der Apartheid verteidigt. Dies kann ich nicht mehr.

Die Lehre aus dem Protest für die Anti-Besatzungs-Linke musss lauten:
Mobilisiert die Israelis, nicht die internationale Gemeinschaft. Ausserdem ist die Besatzung schon längst keine Besatzung mehr. Das, was in den palästinensischen Gebieten geschieht, als Besatzung zu bezeichnen, bedeutet, sie zu verewigen, genau wie das Gerede von einer Zweistaatenlösung, die niemals umgesetzt werden wird und die niemand in Israel jemals beabsichtigt hat.

Definitionsgemäss ist eine militärische Besatzung vorübergehend. Nach 56 Jahren und ohne ein Ende in Sicht, kann die Situation in den besetzten Gebieten nicht mehr als vorübergehend bezeichnet werden. Und wenn sie nicht vorübergehend ist, handelt es sich nicht mehr um eine Besetzung. Die Vorläufigkeit ist erloschen und damit auch die Möglichkeit, sie als Besatzung zu bezeichnen.

Deshalb ist es anachronistisch, bei den Demonstrationen in der Kaplanstrasse über die Besatzung zu sprechen. Sie im Zusammenhang mit dem Kampf für Demokratie zu bekämpfen, macht keinen Sinn. Die Demonstranten in der Kaplanstrasse sagen, dass sie für die Demokratie kämpfen. Nun, Demokratie bedeutet vor allem Gleichheit.

Das muss aufhören. Hört auf, gegen den Siedlungsbau zu kämpfen, von wahnhaften Abzugsplänen zu träumen und in Begriffen wie "Ende der Besatzung" zu denken. Es wird kein Ende der Besatzung geben.

Die Kaplanstrasse ist der Ort, die Gelegenheit und die Zeit, um umzudenken, die Tagesordnung neu zu ordnen und etwas Neues zu beginnen, etwas, das viel hoffnungsvoller und relevanter ist. Der Kampf für gleiche Rechte vom Mittelmeer bis zum Jordan sollte in der Kaplanstrasse beginnen.

Eine Person, eine Stimme, wie in der bescheidensten aller Demokratien. Alle Menschen, die dem Staat angehören - etwa 15 Millionen Menschen, von Metula bis Eilat und von Rafah bis Jenin, die alle seiner Hoheit unterworfen sind - müssen in ihren Rechten gleich sein. Ohne dies ist Israel keine Demokratie.

Anti Besatzungsblock in Tel Aviv

Der Anti-Besatzungsblock marschiert in Tel Aviv   Credit: Itai Ron

Überlasst den "jüdischen" Teil der Beschreibung des Staates den Zeremonien zum Holocaust-Gedenktag. Jüdisch und gleichzeitig demokratisch gibt es nicht. Wenn das die Demonstranten in der Kaplanstrasse nicht verstehen, wer dann?

Der Kampf gegen die antidemokratische Gesetzgebung ist wichtig, aber auch gefährlich. Er verwischt die Realität und idealisiert sie:  Wird Israel eine Demokratie sein, wenn die Gesetzesvorlagen gestoppt werden? Der wahre Staatsstreich war die Umwandlung Israels in einen Apartheidstaat, als die Besatzung zum Dauerzustand wurde. Im Vergleich dazu ist die Aufhebung der Angemessenheitsnorm nicht mehr als eine lästige Kleinigkeit.

Der eigentliche Protest muss sich daher auf diesen Umsturz konzentrieren. Apartheid oder Demokratie, das ist die Frage. Es gibt keine wichtigere, auch wenn Moshe Radman, einer der wichtigsten Anführer und Theoretiker des Kampfes gegen die "Justiz Reform", meint, es gehe nur um "die Lebensqualität der Palästinenser".

Der Bereich der Kaplanstrasse, der sich gegen die Besatzung richtet, muss geräumt und überall durch neue Fahnen und neue Slogans ersetzt werden. Statt über die Besatzung zu reden, muss man über Gleichheit, über das allgemeine Wahlrecht, über einen einzigen demokratischen Staat reden. Anstatt gegen die Siedlungen zu sein, muss man einen Staat aller Bürger fordern.

Gibt es irgendeine Demokratie auf der Welt, die nicht ein Staat aller seiner Bürger ist? Wenn nicht für ihre Bürger, für wen dann? Gott? Eine halbe Autostunde von der Kaplanstrasse entfernt können die Menschen nicht demonstrieren, sich nicht wehren, protestieren oder sonst Widerstand leisten.

Das muss geändert werden, bevor irgend etwas anderes passiert. Es muss an der Kaplanstrasse beginnen, sonst wird sie ihrer Verantwortung nicht gerecht. Dies ist nicht eine Angelegenheit eines kleinen Teils [der Demonstrierenden] an der Kaplanstrasse; es geht um den Kern dessen, wofür die Kaplanstrasse insgesamt steht. Es geht um den Kampf für Demokratie für alle, für einen demokratischen Staat - weder jüdisch noch palästinensisch, sondern demokratisch. Gibt es eine andere Art von Demokratie?